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Dr. Christian Gutschi

Psychologische Praxis für ganzheitliche Therapie

DR. CHRISTIAN GUTSCHI Psychologische Praxis für ganzheitliches Wohlbefinden

Die Kraft der Hochsensiblen

Ein Temperamentsmerkmal, das häufiger als gedacht vorkommt

Neurodivers

Kennen Sie das von sich Selbst? Sie schwingen extrem mit Gefühlen anderer mit? Oder Sie fühlen ein erhöhtes Bewusstsein, nehmen Reize, Schwingungen wahr, die anderen fremd sind? Oder Sie sind besonders kreativ, empfänglich für Feinstoffliches?

Gratulation! Dann befinden Sie sich auf der Sonnenseite der hochsensiblen Typen. Aber Sie kennen wohl auch die Schattenseite: hohe Stressanfälligkeit, labile Emotionen, extreme Unsicherheit, schnelle Reizüberflutung, erhöhte Empfindsamkeit. Und oft auch Probleme in Beziehungen mit anderen Menschen, die Ihre Art von Wahrnehmung nicht begreifen.

Bereits in den 1990er Jahren veröffentlichte die amerikanische Psychologin Elaine Aron „The highly sensitive person“ und definierte damit diesen Begriff, den auch schon Alice Miller und C.G. Jung Jahrzehnte früher verwendeten. Hochsensitiv bezeichnet zuvor genannte Persönlichkeitsmerkmale, keine psychische Erkrankung, sondern eine sensitivere Reizverarbeitung auf vielen Ebenen. Der Begriff ist in der wissenschaftlichen Psychologie umstritten, manche meiner KollegInnen beschreiben Hochsensible als „neurotisch“. Meiner Ansicht nach hat die Psychologie viel nachzuholen, wenn es um Neurodiversität geht, um die Anerkennung der neurologisch bedingten Wahrnehmungsvielfalt, die nicht gleich eine krankheitswertige Diagnose bedeuten muss. Somit sind wir alle neurodivers und normal ist ein psycho-soziales Konstrukt.

Buch Neurosensitiv - Dr. Patrice Wyrsch

Neuerdings spricht man von „Neurosensitivität“. Die Bekanntmachung dieses Begriffs ist dem Schweizer Dr. rer. oec. Patrice Wyrsch zu verdanken. Er beschreibt als selbst Betroffener in seinem verdienstvollen Aufklärungsbuch das Phänomen erstmals wissenschaftlich fundiert. Immerhin sind 20-25 Prozent der Menschen heute mehr oder weniger neurosensitiv. Manche leiden darunter, manche vollbringen Außerordentliches. Aber die Grenze zu psychischen Problemen und Störungen, wie Ängsten, manisch-depressiven Zuständen und Aufmerksamkeitsproblemen (bei Kindern ADHS) sind fließend. Überhaupt muß sich die Psychologie ihres ehrwürdigen, aber verstaubten naturwissenschaftlichen Mantels entledigen. Die Psychologie braucht eine Öffnung, mehr Weitblick in Richtung der Vielfalt und weg von der Idee, die Ganzheit von Denken, Fühlen und Handeln eines Menschen könnte über genormte Testwerte beschrieben werden.

Neurosensitivität ist für mich ein wunderbares Beispiel für die unfassbare Bandbreite menschlicher Wahrnehmungsfähigkeit. Leider fühlen sich Neurosensitive oft sehr unverstanden und „anders“ und werden von den Normalos als seltsam oder zu wenig anpassungsfähig abgewertet. Es ist höchste Zeit für Psychologen, Psychotherapeuten, Ärzte über den Tellerrand zu blicken und die menschliche Wahrnehmungsfähigkeit tiefergehend zu erforschen und KlientInnen so ein neues Verständnis ihrer Möglichkeiten zu schenken. Von den Vielwahrnehmenden können wir alle lernen.

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